Liebe Freunde !
Heute präsentiere ich euch ein malerisches EXPERIMENT !
Der künstlerische Schaffensprozess hat üblicherweise 3 Phasen : Rohzeichnung - Reinzeichnung - Kolorit.
Das Besondere an meinem heutigen Werk besteht in der Weglassung der Phase 2, der Reinzeichnung !
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Die Rohzeichnung oder SKIZZE ist der spontanste, unmittelbarste, manche sagen auch der intimste Ausdruck des Künstlers. In diesem ersten Akt der Zeichnung wird das Thema, das Motiv, die ungefähren Umrisslinien, die Raumaufteilung und die Größenverhältnisse festgelegt. Man nennt es auch KOMPOSITION. Dazu verwendet man meist einen spitzen, harten Bleistift, der sich am Ende wieder leicht wegradieren läßt.
Die darauf folgende REINZEICHNUNG glättet dann die wackeligen und zittrigen Formen der dünnen SKIZZE, präzisiert die Konturen, biegt die Rohzeichnung so zurecht, dass das Motiv klar strukturiert und "formvollendet" in die Phase der Kolorierung übergehen kann.
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Diesmal mache ich es anders : Ich belasse es bei den etwas ungelenken Mäandern der Rohzeichnung, schenk mir die Glättung der zarten Skizze und koloriere direkt das rudimentäre Konstrukt der rohen Zeichnung.
Man sieht dabei einerseits die Ungenauigkeit einer jeden Skizze, die ohne Nachbearbeitung immer etwas unbeholfen wirkt, aber andererseits ist auch für jeden ersichtlich, dass die ersten spontanen und unvermitteltsten Gesten der Urzeichnung eine LEBENDIGKEIT aufweisen, die der überarbeiteten, geglätteten Reinzeichnung oft fehlt.
Um mit einem der Großmeister der österreichischen Kunst, - Friedensreich Hundertwasser -, zu sprechen, wiederhole ich sein ultimatives künstlerisches DOGMA : "Die gerade Linie ist der TOD !"
Er hat es in der Nachfolge seiner großen Brüder Schiele, Klimt, Kubin und Kokoschka in diesem einen elementaren Satz genial auf den Punkt gebracht. Sein CREDO lautet : SCHÖN ist nur das zittrige UNVOLLENDETE, alles Andere ist DESIGN, STYLING, - und letztlich KOMMERZ, - weit weg von der Unmittelbarkeit und dem Wesen der "wahren Kunst".
Heute frönte ich also der rohen, ungeschönten Spontaneität und Unvollkommenheit einer zittrigen Skizze, die ich, ohne Umwege über die Reinzeichnung, koloriere, - und euch zur Betrachtung übergebe.
Als Thema und Titel wählte ich den Namen "5 vor 12". Es zeigt eine junge Lady mit Hut + Handy, eine Art Tik-Tok-Girl, das auf einem Weg in einer eher undefinierten sonnigen Landschaft unter einem blauen Himmel steht und schreit : "Die Welt geht unter, - es ist 5 vor 12!"
Nun, die Welt wird NICHT untergehen, auch wenn es bereits "5 NACH 12" ist, aber sie wird sich, bzw. hat sich bereits derart verändert, so dass viele sagen : "Die guten alten Zeiten waren eindeutig BESSER !"
In diesem Sinne, liebe Freunde, nehmt mein kleines Spontan-Werk auf in den großen Atlas eurer Bilderwelten, verzeiht mir die Weglassung der Reinzeichnung und erfreut euch am zittrigen Liniengeflecht meiner unbeholfenen Skizze und der Lebendigkeit des spontanen Ausdrucks der Kunst des Augenblicks.
In diesem Sinne wünsche ich euch ein schönes Spätsommer-Wochenende mit unbeschwerten Badetagen ohne Gedanken an eine vergangene bessere Welt - euer Hugo von Kritzelflink